
Über uns
In Schwabing steht ein Gasthaus „Die Rheinpfalz“, welches im Stadtarchiv schon in den 20er-Jahren erwähnt ist. Vor fast 50 Jahren, übernahm Hensel Karp das Lokal – genannt „die Kneipe“ – und zapft seither unermüdlich Bier. Am 1. Sept. 2021 war das halbe Jahrhundert voll und es gab ein ein großes Jubiläumsfest, mit diversen Live-bands etc. Nun – mittlerweile im Herbst 2023 – sind wir immer noch dabei und es gibt wieder einen großen Geburtstag, dazu später.
Zurück zu Hans, den alle liebevoll „Hensel“ nennen. Die unverwandte Mimik des Hausherrn erinnert bisweilen an den typisch bayerischen Grandler: Dennoch, seine stoische Art führt beim Besucher zu einer sofortigen Entschleunigung vom Alltag: Sitzen, schauen, die Gedanken schweifen..
Nur manchmal huscht ein Schmunzeln über Hensels Gesicht, besonders dann, wenn ein Thekengast einen Scherz loslässt, aber es muss schon ein guter sein. Je nach Stimmung lässt sich der Besucher auf ein belangloses Gespräch ein – mit wem auch immer – vielleicht über Musik oder Politik. Das kann mit Schopenhauer enden, oder aber auch mit dem totalen Nonsens. Vielleicht setzt sich jemand unvermittelt an’s Klavier, dieses ist zwar verstimmt, aber wirklich nur ein bisschen.
Am Samstag (meist auch Freitag) gibt es Live Musik vom Feinsten, Jazz, Blues, Rock, aber auch Kabarett. Die events werden von dem herausragenden Trompeter Peter Tuscher und Bini Gast organisiert.
Nach einem gelungenen Solo läutet Hensel die Glocke, allerdings nicht als Aufforderung für eine Freirunde: Vielmehr als Wertschätzung für die Musiker. Aber auch für das Publikum, das sich lebhaft mit allen zur Verfügung stehenden Körperteilen, aber auch stimmlich wahrhaft wacker einsetzt. Später dann, zur fortgeschrittener Stunde, sind alle zufrieden und vielleicht gibt es noch einen Nussschnaps.
Sylvia, Elfriede und Mireya navigieren die „Kombüse“ alleine und zu zweit mit sicherer Hand: Tellerfleisch und Rouladen sind legendär, alles schmeckt hervorragend und wird frisch zubereitet. Auch vegetarische Gerichte finden sich stets auf der handgeschriebenen Tafel. Spät nachts denkt unser Gast, nachdem er in der Dunkelheit verschwunden ist:
„Ja, wo gibts denn sowoas noo – a sau-coola move“.
(Bini, Gast, 22. Sept. 2023)



Rheinpfalz: Tellerfleisch und ganz viel Hirn
aus Süddeutsche Zeitung: vom 20. Dez. 2011
Von Lisa Sonnabend, SZ, 20. Dez.2011
Ein Ort für Professoren, Bildhauer und verhinderte Rockstars: Die Rheinpfalz in Schwabing ist die Kneipe mit dem höchsten IQ der Stadt – behaupten zumindest einige Gäste.
In der Rheinpfalz pulsiert Schwabing an manchen Abenden noch wie früher. Gerade erst rückte Hans Karp, den alle nur Hänsel nennen, mal wieder zwei Tische zur Seite und ließ die Beatstones auftreten, eine Sixties-Band aus Pasing. Die Musik war treibend, es war heiß und furchtbar eng. Die älteren Gäste tanzten, die jüngeren sagten: ‚Wahnsinn, wie die alten Leute tanzen.‘
Abend für Abend treffen sich in dem Lokal in der Kurfürstenstraße Musiker, Künstler, Kabarettisten, Denker und Thekensitzer. Wenn ein neuer Gast den Raum betritt, grüßt er die anderen. Die meisten mit Vornamen. Jeder duzt jeden, auch die wenigen Neulinge. Der Gitarrist Nick Woodland, der der Legende nach einmal beinahe von den Rolling Stones engagiert worden wäre, kommt fast jeden Tag gegen 22.30 Uhr, setzt sich an den Tisch hinter der Eingangstür und trinkt ein Glas Wein. Dann geht er wieder. Rock“n“Roller Richard Rigan, der noch immer ‚Elvis von Schwabing‘ genannt wird, sagt über die Rheinpfalz: ‚Es ist eines der wenigen Lokale, wo es noch urig ist und kein Schickimicki zu sehen ist.‘ Eines der wenigen Lokale, wo er seine Cowboystiefel anziehen könne, ohne schief angeschaut zu werden.
Der Bildhauer Olaf Metzel sitzt an diesem Abend an einem der Holztische im hinteren Bereich des Lokals. Ein paar Tage zuvor ist ein großes Interview mit ihm erschienen, über sein neues Werk für die Staatsbibliothek in Berlin. Den Artikel reichen die Gäste, darunter einige Professoren der umliegenden Hochschulen, herum und nicken Wetzel anerkennend zu. ‚Die Rheinpfalz hat Kultur‘, sagt der 67-jährige Wirt Hänsel stolz. ‚Sie ist die Kneipe mit dem höchsten IQ der Stadt.‘, sagen zumindest einige Gäste. Hier haben auch die Angestellten studiert. Köchin Barbara zum Beispiel, die seit 35 Jahren Tellerfleisch, Schinkennudeln oder Zanderfilet zubereitet, ist Politologin.
Woher der Name der Kneipe kommt, hat hier allerdings trotz allem IQ niemand herausgefunden. Auch wie lange es das Lokal schon gibt, kann keiner so genau sagen. Sicherlich habe es die Rheinpfalz schon vor dem Krieg gegeben, vermutet Hänsel. Eines weiß der Wirt allerdings genau: Der Tag, an dem er das Lokal übernahm, war der 1. September 1971. Hänsel steckte damals mitten im BWL-Studium. Er hatte finanzielle Reserven, weil er einen gut bezahlten Nebenjob hatte. Als der damalige Besitzer des Lokals nach Indien ging, dachte sich Hänsel: ‚Das könnte ich ja für ein paar Jahre machen.‘ Nun steht er nach 40 Jahren immer noch hinter der Theke. Er ist davon überzeugt, dass er der dienstälteste Wirt in Schwabing ist.
Als er das Lokal übernommen hatte, riss Hänsel erst mal die Tapete ab, zum Vorschein kam eine holzvertäfelte Wand. Die hat der Wirt mit Ochsenblut-Farbe bemalt und mit der Zeit Schwarz-Weiß-Fotos der Angestellten und der Stammgäste hingehängt. Die Bilder hängen noch heute. Hänsels Gastronomiekonzept lautet: ‚Bloß nichts ändern.‘ Auch die Besucher sind großteils immer noch die gleichen – auch wenn sie inzwischen ein wenig in die Jahre gekommen sind.
Die meisten Gäste sitzen an der Theke, vor sich ein Bierglas, das erst halbleer, dann leer und schließlich wieder voll ist. Mitten im Raum steht ein Klavier, ab und an haut ein Gast in die Tasten und wenn er das gut macht, verstummen die Gespräche, und die Gäste lauschen. In der Ecke hängen Wimpel von Fußballvereinen. Nicht vom FC Bayern, dafür von Erzgebirge Aue oder Rot-Weiß Oberhausen. ‚Meine Sympathien haben die Vereine, die gegen den Abstieg kämpfen‘, erklärt Hänsel. Hinter dem Tresen liegt seine Trompete. Immer wenn ein Gast Geburtstag hat, holt Hänsel sie hervor und spielt ihm ein Ständchen.
Nur am Sonntag müssen die Stammgäste ihr Bier woanders trinken. Denn dann ist – für eine Kneipe recht ungewöhnlich – Ruhetag. Hänsel sagt: ‚Ich will ja auch mal ausgehen.‘
Ans Aufhören denkt Hänsel noch lang nicht – vor allem wegen seiner Angestellten. Wegen Barbara, Morin, Heike und Klaus, von denen die meisten bereits seit mehr als 30 Jahren hier sind. ‚Die bappen doch an ihrem Job‘, meint Hänsel. Die Rheinpfalz einfach zumachen, das würde ohnehin nicht gehen. Dann würden Freundschaften kaputtgehen, mehr noch: eine Familie würde zerbrechen.
Nachlese: Jubiläumsfeier – 50 Jahre Hänsel und die Rheinpfalz – 1.September 2021
Vier Tage Festivitäten: unterhaltsame Vorträge, hervorragende Musiker, skurrile Geschichten und viele anregende Gespräche.
Am 1. Sept. standen einige Prominente, Vertreter der Brauerei, die Presse und vor allem „da Wirt, da Hänsel“ im Mittelpunkt des Geschehens. Auch durch den beherzten Einsatz von Luise Kinseher, Ottfried Fischer, Ex-OB Christian Ude, „dem Prinzregenten von Bayern“ (durch eigene Weihen) und anderen umtriebigen Geistern wurde der Pachtvertrag über den kurzen Dienstweg verlängert. Hänsel wird somit weiterhin unermüdlich Bier zapfen. Andere Personen, die an diesem Abend namentlich nicht in Erscheinung traten, haben sich seit Jahren für die Belange der Rheinpfalz engagiert. Vielen Dank für Eure Hilfe. Aber, ned a jeda schafft’s in d‘ Zeitung eini!?!
Herr Steinfatt, Geschäftsführer von Paulaner (Miesbacher, Alsolvent des dortigen Gymnasiums und eifriger Mundschenk beim Haberer-Schupfenfest), brillierte mit einer witzigen, beinahe philosophischen Rede. Eine kleine Anekdote soll hier festgehalten werden. Auf die Frage, ob er, verantwortlich für ca. 4.500 Gaststätten, die Rheinpfalz schon vor seinem Besuch kannte, meinte er schmunzelnd: „…bisher sei ihm diese „kleine Perle der Münchner Gastronomie“ entgangen, erst die Häufung von Presseberichten und Anrufen hätte ihm die gastro-kulturelle Bedeutung der Rheinpfalz vor Augen geführt. Herr Hetzler von Hacker-Pschorr war leider verhindert, seit drei Jahren ist er für uns eine verlässliche Ansprechstation. Es ist eine Bereicherung mit ihm über Kosten, Speisekarten, Biofleisch, Weinpreise, Küchengeräte und diverse Musikrichtungen zu diskutieren. Ohne Übertreibung: in allen Belangen ist er sattelfest.
Ferner müssen auch andere fleißige Helfer Erwähnung finden: Birgit (Schwester Rita am „Corona-Stand“ und wenn’s brennt auch im Service), Karin und Elfriede als rege Küchengeister und Günter, der in Sachen Innovation und Logistik, mit seinem „Fahrradkurier-Dienst Transpedal“, immer zur Stelle ist.
http://www.transpedal.de
Peter Tuscher, dem großartige Trompeter und geschätzten musikalischen Berater der Rheinpfalz, sei an dieser Stelle mit dem großen „Hosen-Bund-Orden „Ihrer Majestät“ für seine brillianten Ideen gedankt. Einen weiteren Orden erhält Sybille Storkemann für die eingebrachten Texte, Fotos und Ihr großes Interesse, mit dem sie uns den Rücken stärkte. Ein ganz großes Dankeschön an Euch alle, ferner auch an die langjährigen Rheinpfalz-Gäste, die so zahlreich erschienen sind, und für eine richtig gute Atmosphäre sorgten.
Zahlreiche Künstler bereicherten an diesen Tagen – weitgehend umsonst – das festliche Treiben mit ihren wunderbaren Darbietungen in „Hänsels Place“. Einige Male ging es bei der Planung auch hier durchaus turbulent zu. So musste „irgendwo in Schwabing“ für Hermann Breuer ein Spezialkabel aufgetrieben werden, das Klavier war leicht verstimmt. Für die musikalischen Leckerbissen möchten wir uns ganz herzlich bedanken bei: Nina Michelle (voc.), Peter Tuscher (trump.), Edgar Wilson (piano), Hermann Breuer (piano), Dr. Will und seiner grandiose Rythm‘ and Blues-Truppe (der Saal tobte), Theo Regnier (sentimental journey u.a.), Ingo Rabius (Seemannsgesänge) und natürlich der legendären Allotria-Jazz- Band. Der Maler Michael Heiniger unterhielt uns prächtig mit seiner wirklich gelungenen laudatio auf „unseren Hänsel und seine/unsere Rheinpfalz“. Er schuf ein grandioses künstlerisches Werk: Bierfielzel mit Hänsel als Motiv
Vielen Dank an alle Stamm-Gäste für Eure langjährige Treue
Vielen Dank an das rührige Rheinpfalz-Team (Boschina, Boogie und Christian)
Am letzten Abend gab es kleine Turbulenzen in der Küche, alles annährend Essbare war verkauft worden, einige Salate gingen ohne Marinade unter die Leute, die letzten Omeletts wurden in Ermangelung von Eiern ohne eben diese serviert… Mit so einem Ansturm hatte niemand gerechnet, kleine Fehler beleben das Geschäft und gelegentlich haben sie ja auch einen gewissen Charme!? (Auf Beobachtungsposten: Resel aus der Reblaus)
Wer sich bis hierher durchgekämpft hat, der hat sich „a saubane Mass Freibier“ redlich verdient.